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hier ein Interview zum Thema mit Nadine Kesting:

interview

@rene_schaeffer
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Stand: 05.01.2021
René Schäffer lebt in Halle an der Saale.
Er ist Künstler, Fotograf, Dozent und Vorsitzender des Berufs-
verbands Bildender Künstler Sachsen – Anhalt.

„Instagram begegnet einem
irgendwann mal, wenn man sich
mit Gestaltung beschäftigt, als
Geschmacksmarktplatz.”

René beschreibt so, wie er auf Instagram aufmerksam wurde.
Für ihn ist es eine Plattform, auf der gestalterische Prinzipi-
en erforscht werden können. Neben den üblichen populären
Bildern wird auch Kunst gezeigt. Gleichzeitig ist es eine Platt-
form, auf der man sich selbst verorten will und in der man
leicht verfällt, sich bewerten zu lassen. Man hat eine Öffent-
lichkeit, sitzt aber allein mit dem „Streichelgerät“, postet
ein schönes Bild und wartet auf die Herzchen. Ein Vergleich
entsteht mit Bildern, die den eigenen ähnlich sehen. Das
führt zu einer Einordnung des Contents und zum Vergleich
der Bewertungen.
Eine Blase aus Zusammengehörigkeit baut sich auf, welche
die Aufmerksamkeit auf das Thema bündelt. So kann man
sich auf die Suche nach eigenen Themen begeben, wie z.B.
experimentelle Fotografie, und andere Künstler:innen fin-
den, die in diesem Bereich arbeiten. Dieses Handeln führt
zwar zum Austausch auf einem oberflächlichen Niveau, aber
auch zum Vergleich zwischen der eigenen Arbeit und der der
Anderen. Es wächst das Verlangen, im Ranking ganz oben zu
stehen. Die Bewertung entsteht durch die angezeigten Zah-
len, die suggerieren, dass sich alles auf verschiedenen
Niveaus abspielt, aber eigentlich ist die Ebene komplett
flach. Geschmacksbildende Maßnahmen beeinflussen un-
terbewusst. Eine Durchschnittsmeinung wird erzeugt. Das
bewusste Betrachten von Bildern kann nicht stattfinden. Nur
ein unterbewusstes Muster prägt sich ein. In der Erinnerung
bleibt nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund sich das
Gesehene eingeprägt hat. Abgespeichertes wird irgendwann
wieder aufgerufen und der Geschmack des Einzelnen gleicht
sich der gesehenen Bilderwelt an. Es entsteht ein Hin- und
Her von immer wieder Gesehenem, welches das ästhetische
Empfinden prägt. Eine ewige Reproduktion lässt inhaltlich
nichts Neues zu: „Man verliert eigentlich die Buntheit der
Welt damit.“ Ausschlaggebend hierfür ist das Gefühl des
Dazugehörens.


Die Tendenz zu Instagram-tauglichen Räumen erscheint René
logisch. So hat er selbst schon die Beobachtung gemacht,
dass er bei seinen eigenen Ausstellungen schon den Fokus
auf die Dokumentation dieser setzt und nicht hauptsächlich
auf den physisch erlebten Moment.

Er bezeichnet sich selbst als Instagram-kritisch, benutzt die
App nicht aktiv und empfindet dies im Wesentlichen als
Zeitverschwendung. Diese kritische Haltung entwickelte sich
nach ca. drei Wochen, in denen er sich in die Nutzung von
Instagram vertiefte. Rückblickend auf die investierte Zeit
blieben als Resultat nur einige Likes und ein paar wenige
Kommentare. Gleichzeitig ist das auch die Faszination, die
Instagram für René darstellt: „Es gibt Millionen von Men-
schen, die ihre Aufmerksamkeit in dieses System stecken,
welches nichts zurückgibt, im wörtlichen Sinne.“ Er be-
schreibt, wie die Menschen keine Zeit für einander haben,
für ein Gespräch, ein Telefonat oder, um einfach mal die
Vögel am Himmel zu beobachten. Aber die Fähigkeit, stun-
denlang auf das Smartphone zu schauen und Apps zu be-
dienen, haben Viele. Das Bewusstmachen dieses Parado-
xons reizt ihn in der künstlerischen Auseinandersetzung mit
Instagram. Um die Potenziale dieser App durch künstlerische
Arbeiten für sich nutzbar anzuwenden, ist das Begreifen des
Ganzen als Medium unabdingbar.
„Es fehlt das haptische Betrachten von Kunst, wodurch sich
auch eine bewusstere Kommunikation entwickelt. Das Ver-
rückte ist die Reduktion. Wenn ich in einem echten Raum bin,
hat alles seine Aura und Ausstrahlung, weil wir mit allen Sin-
nen wahrnehmen. Das heißt ich rieche und merke, wie warm
es hier ist, ob viel oder wenig Luftfeuchte da ist. Was ist das
Draußen? Ich komme von außen rein und weiß, wie es dort ist.
Ich setze alles in Beziehungen und das wird ein unglaublich
feingliedriges und komplexes Konstrukt. Dann sehe ich diese
Discokugel ganz anderes an, als wenn ich die in einer Dis-
co anschaue. Oder diese Lampe da: Wenn die jetzt hier steht
oder im Möbelhaus oder im Museum oder in einer Kunstaus-
stellung, dann ist es zwar dieselbe Lampe, und wenn ich die
auf Instagram poste sieht sie vielleicht genauso aus, aber
sie meint etwas ganz Anderes. […] Sie steht in einem ganz
andren Kontext zum Umfeld. Das wird alles weggekürzt und
abgeschnitten – wie seziert. Es gibt dann keinen Räumlichen
Kontext in dem Sinne. Es ist ein flacher Raum. Wenn wir das
Wort Raum ausdehnen, handelt es sich um einen virtuellen
Raum, aber dieser ist abgeflacht. Ein tatsächliches Erleben ist
nicht möglich.“
„[…] Dadurch, dass es so flach ist, es zum Maß der Dinge
wird, ist vorstellbar, wie Menschen auch selbst verflachen,
wenn sie es nutzen. War der Kaffee jetzt Instagram tauglich
abfotografierbar oder war er lecker? Egal wie er geschmeckt
hat, sieht gut aus!“ Als physischer Raum wäre Instagram für
René ein Katalog. Es gibt viele flache Türen hintereinander,
die immer weiter einen flachen Raum nach dem Nächsten
bilden. Auch ein Netz aus Flächen, in dem eine bestimm-
te Zahl an Strippen miteinander verbunden sind oder eine
Kugel, bei der man immer auf eine Fläche schaut ist für ihn
ein passender Vergleich.
Auf @rooots_gallery möchte René mehrere Möglichkeiten
öffnen. Eine Galerie wird sich zeigen, die Rooots – Galerie,
wobei der Name noch nicht feststeht. Um seine Ideen aufzu-
zeigen hat René eine Skizze gemacht. Auf dem Account gibt
es drei Bilder zu sehen. Aktuell hat er ein Stipendium, um
dieses Projekt weiter auszuarbeiten. Geplant ist, dass sich
alles an der Grenze zwischen Real und Fiktion bewegt und
unterschiedliche Künstler:innen auftauchen. Er hat schon
eine kleine Liste mit möglichen KünstlerInnen ausgearbeitet
und hat Spaß über Namen nachzudenken, sich zu fragen,
ob sie realistisch sind oder nicht. „Diese fiktiven Künstler
bräuchten dann aber auch wieder Instagram-Accounts, da-
mit das ganze realistisch wirkt. Das beansprucht erst einmal
einen gedanklichen Aufwand und zum anderen bedeutet es
viel Arbeit, die mit diesem Projekt einher geht. Das ganze
System muss so weit ausgearbeitet werden, dass es bis zum
Herzchen senden reicht. Dabei will ich auch ein bisschen mo-
geln, indem gekaufte Follower das Ganze liken. Damit es dann
so funktioniert, wie bei einem großen Museum, auf deren
Accounts ein Post erscheint und auf einmal hat dieser 4.000
Likes.“ Dass es Accounts gibt, die innerhalb von 15 Sekunden
zu solchen Ergebnissen gelangen, schreibt René Like-Farmen
zu, in denen Menschen vor vielen Smartphones stehen und
den ganzen Tag Likes verteilen. Er möchte diesen Fakt in sein
Projekt einbauen, um zu zeigen, dass um Instagram ganz viel
„heiße Luft“ produziert wird.
„[…] Zum einen kann das Ganze komplett virtuell stattfinden.
Die andere Möglichkeit wäre, Modelle zu bauen und diese
an einen physischen Ort zu bringen, um dort die Galerie so-
zusagen physisch werden zu lassen.“ Hiermit meint er, dass
im kleinen Maßstab, im Modell der Anschein von echten Ga-
lerieräumen erzeugt wird. Er braucht den Raum im Modell,
um ihn sich als Ganzes vorzustellen. „Wie wird er betreten?
Wo steht die Kunst? Wie hoch ist der Raum? Welche unter-
schiedlichen Ebenen könnte es da geben? Um so eine Muse
zu schaffen, braucht man mehr als eine Raumecke.“ Hierfür
schaut er sich Posts von Ausstellungssituationen an, um zu
analysieren, wie verbreitete Räume Anderer virtuell erschei-
nen. So kann er sich seinen Raum entwickeln, den er in 3D
umsetzen möchte. enn die Zeit und die finanziellen Mittel
es erlauben, würde er dieses Modell auch live bauen und
könnte es irgendwo hinstellen. „Die Galerie wäre dann z.B. in
Leipzig am Soundso – Platz. Man kommt da hin und sieht,
dass das Ganze nur einen Quadratmeter groß ist. […] Man
sieht eine riesengroße, tolle Galerie, mit schicken Räumen,
in denen Kunstwerke der angeblich aufkommenden Künst-
ler:innen hängen. Unglaubliches kann gezeigt werden. Es gibt
viel Raum, Licht und Platz. Alles ist mit spannenden, neuen
Arbeiten super kuratiert. Dahinter stecken zwei Ideen. Zum
einen ist es eine Instagram – Kritik, indem der Hype, soweit es
geht, verstärkt wird. Dann gibt es den Moment, wo das Ganze
enttarnt und gezeigt wird, dass es sich nur um Modelle han-
delt. Auf der anderen Seite erlaubt es dieser Maßstab, eine
Entwicklung von Arbeiten im passenden Ambiente mit der
richtigen Auswahl und inhaltlichen Konzepten kostengünstig
umzusetzen. Sehr große Ausstellungen können so inszeniert
werden, ob sie nun thematisch sind oder das Ganze auf ein
ästhetisches Grundgerüst gesetzt und durchspielt wird, ohne
100.000 € zu benötigen, um es wirklich zu realisieren.“
Für die Bespielung der Räume braucht René Inhalte. Diesen
Content möchte er sichtbar machen. Am Anfang stehen ein-
zelne Ideen für Räume und was in ihnen stattfinden kann.
Skulpturale Arbeiten findet er geeignet, auch Bilder, die noch
niemand gesehen hat und Andere, die schon gezeigt wurden.
Eine Mischung aus unterschiedlichen Arbeiten soll entwickelt
werden, die ein schlüssiges Gesamtbild ergibt. „Für den An-
fang werde ich 3D Skizzen machen und dann das Konzept
weiter ausarbeiten, wenn ich den Raum sehe. Natürlich ist
es auch aufwendig, Räume in 3D zu bauen, also würde ich
auch da wieder meine Zeit reinstecken, aber es ist einfacher
als 100.000 € zu besorgen und das Ganze real zu bauen.
Es ermöglicht eine freie Konzeptionierung, als ob eine Mil-
lion zur Verfügung steht. Ich kann mir also ausdenken, was
ich will!“ Der Fantasie sind keine wirtschaftlichen Grenzen
gesetzt. Ein freies Arbeiten, aus dem sich utopische Kunst-
werke entwickeln können, ist gegeben.
5.1.2021
„Das Spielfeld ist offen, so offen
wie ich selbst bin. Und das ist
ziemlich großartig.“
Rene Schaeffer (@rene_schaeffer) • Instagram-Fotos und -Videos
5.1.2021
5.1.2021
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Copyrigt liegt bei Nadine Kesting interview_nadine_kestin_rene_schaeffer

www.nadinekesting.de

und René Schäffer